Faszien-Training - Erfolgreiche Umsetzung in Studio und Praxis

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Das Thema Faszien ist inzwischen nicht mehr wegzudenken und manch einer mag das Thema überblättern, zumal es derzeit in aller Munde ist. Physiotherapeuten gähnen gelangweilt, da sie schon seit Jahrzehnten mit der Materie „Bindegewebe“ in unterschiedlichen Therapien arbeiten und dem Faszien-Hype nichts abgewinnen können. Doch so schlicht kann das Thema nicht vom Tisch gewischt werden, spannende neue Erkenntnisse lassen die Bewegungswissenschaften aufhorchen.

"Ich kenne keinen Teil des Körpers, der es den Fazien als Forschungsfeld gleich tun kann. Ich glaube, dass sich beim Studium der Faszien mehr reichhaltige und goldene Einsichten auftun werden, als bei irgendeinem anderen Aspekt des Körpers.“ Dieser Auffassung war Andrew Taylor Still (1828-1927), Begründer der Osteopathie, schon 1899.


Neue Untersuchungsmethoden

Neue Untersuchungsmethoden mittels portablen Ultraschallgeräten im zehntel Millimeterbereich machen Faszien sichtbar und qualitativ messbar. Was Therapeuten bis dato nur spüren und erahnen konnten, kann nun valide gemessen und verglichen werden. Darüber hinaus ermöglicht der seit 2007 gegründete „Fascia Research Congress“ die weltweit interdisziplinäre Zusammenarbeit am Thema Faszien. Seitdem steigen Qualität und Quantität der Erkenntnisse exponentiell an und fordern ein Andersdenken und Umdenken, auch in den Gesundheits- und Bewegungswissenschaften. Die Arbeit mit den Faszien kann das herkömmliche neuromuskuläre Training sinnvoll ergänzen – um Verspannungen zu senken, Verletzungen zu minimieren und somit die kontinuierliche Leistungssteigerung zu ermöglichen. Darüber hinaus wird das sogenannte „Embodyment“, das Körpergefühl, gesteigert. Diese Methoden dürfen nicht nur im Leistungssport angewandt werden, sondern sollten auch dem Breitensport zugänglich gemacht werden. Jeder verantwortungsvolle Bewegungstherapeut, Personal Coach, Trainer und Kursleiter kann sein Wissen also auch um dieses Thema erweitern, um seine Patienten und Klienten umfassender zu betreuen und zu beraten.
Doch auch die Studioleitung kann konzeptionell die Angebotspalette erweitern, sich von Mitbewerbern abgrenzen und sich stärker am Markt positionieren. Hierfür lohnt sich also ein erneuter Blick auf das Thema Faszien.

Was sollten Trainer und Studiobetreiber über Faszien wissen?

Wie kann das Wissen in Studios integriert werden? Lässt sich damit eventuell der Gewinn steigern? Bis dato hat man in der Anatomie bei der Sezierung der toten Körper die Häute entfernt um einen guten Blick auf die Muskeln und Gelenke zu bekommen. Dabei galten Faszien als bloßes Verpackungsmaterial, als passive Struktur ohne Einfluss auf den Organismus. In vielen Anatomie-Büchern ist genau diese Ansichtsweise noch zu finden. Daher ist die reine Definition auch kompliziert und widersprüchlich.
Klar ist heute, dass Faszien mehr als nur Verpackungsmaterial sind. Alle faserigen, kollagenhaltigen Bindegewebsstrukturen mit graduellen Anpassungen sind Faszien. Alle Körperzellen sind von Faszien umgeben, Faszien verbinden alle Zellen miteinander. Faszien umhüllen alle Organe, Muskeln, Knochen, Blutgefäße, Nervenfasern und Lymphgefäße. Faszien geben dem Körper Halt und Form. Das fasziale System ist ein architektonisches Spannungsnetzwerk.
Neue Erkenntnisse über das Faszien-System sind vielfältig und werden in der Literatur stark diskutiert.


Training mit der Faszienrolle


Hier ein Überblick über den aktuellen Kenntnisstand:

  • Katapult-Effekt: Faszien haben direkten Einfluss auf Kraftübertragung und gelten als Elastizitäts- und Energiespeicher.
  • Glatten Muskelzellen ähnlich verfügen Faszien messbar über kontraktile Elemente, die binnen Stunden verhärten oder entspannen.
  • Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem vegetativen Nervensystem (ANS) und der Faszien-Spannung.
  • 30 % (!) der Muskelfasern eines Muskels münden nicht in der Ansatzsehne sondern im faszialen Gewebe.
  • Faszien gelten als zehnfach höher innerviertes Gewebe als die Muskulatur und bilden maßgeblich den Sinn für die Körperhaltung durch die hohe Ansiedelung der Mechanorezeptoren.
  • Schmerzrezeptoren sind meist in Faszien lokalisiert.
  • Kollagene Adaption: Fibroblasten bauen das kollagene Fasernetzwerk innerhalb von zwei Jahren um und auf. Diese Anpassung ist abhängig von der genetischen Disposition, Ernährung, Bewegung, Stress, etc.
  • Teilweise wird den Faszien eine Gedächtnisfunktion zugesprochen (Verletzungen, Bewegungsabfolgen, Traumata, etc.).
  • Verdickungen und Verfilzungen durch „cross-links“ (ungeordnete Querverbindungen) führen zu Elastizitätsverlust, Verklebungen durch vermindertes Verschiebbarkeit der Faszien: Leistungsminderung und Verletzungsgefahr steigen.
  • Faszien sind durchzogen von Nerven, Arterien, Venen und Lymphgefäße. Die Homöostase des Organismus hängt entscheidend vom Zustand des Bindegewebes ab.

In der Bewegungswissenschaft wurde lange genug der aktive Bewegungsapparat auf das muskuläre System reduziert. Das ist nach aktuellem Kenntnisstand so nicht mehr ausschließlich denkbar. Vielmehr ist ein systemischer Ansatz gefragt, den Körper als ganze Einheit zu betrachten und Muskeln nicht mehr isoliert zu trainieren, sondern komplexe Bewegungsabläufe im ganzen in myofaszialen Linien zu berücksichtigen.

Thomas Myers, Rolfing-Therapeut, Verfasser des Buches „Anatomy Trains“ und weltweit gefragter Dozent, gibt spannende Empfehlungen für ein „neuro-myofasziales“ Training in Abgrenzung zum herkömmlichen Training:

IN:

  • Ballistisches Training
  • Hohe Variation in Vektoren, Winkeln, Tempi, Gewichten
  • Ganzkörperbewegungen möglichst langkettig
  • Komplextraining
  • Regeneration
  • Myofascial release für verbesserte Beweglichkeit und Stoffwechselsituation

OUT:

  • Abrupte, unkontrollierte Bewegungen
  • Zu hohe Intensitäten
  • Isolierte Bewegung
  • Geführte, wieder holende Bewegung
  • Zu hohe Gewichte
  • Gleichbleibendes Bewegungstempo

(vgl.: Myers,T.:Fascial Fitness: Training in the neuromyofascial web, Fitness Journal,  2011)

Dr. hum.biol. Robert Schleip, Rolfing Therapeut, Leiter des „Fascia Research Project“ der Universität Ulm und Forschungsdirektor der European Rolfing Asscociation empfiehlt folgende Inhalte für Faszientraining:

  1. Myofascial Release: Die „do it yourself-Methode“ mit Foamroll, Stick, Tennis-Golf-Hartschaumball, um das Gewebe zu „durchsaften” und die Verschiebbarkeit des Gewebes zu verbessern. Als wirksames Aufwärmen des Gewebes vor dem Training oder zur Regeneration nach der Trainingseinheit.
  2. Myofascial Stretch: Zwei Dehnmethoden: „Melting-Stretches“, langsam schmelzende Dehnübungen in endgradigen Winkeln, mit Winkelvariation, multidirektional, spiralförmig. Die „active loaded stretches“ in endgradigen Winkeln, mit Winkelvariationen bei aktiver Muskulatur, teilweise wippend.
  3. Rebound Elasticity: Aktive Vordehnung von faszialen Ketten, schnelles elastisches Federn mit kurzen Bodenkontaktzeiten. Ziel ist die Ökonomisierung der Muskelarbeit durch elastische und explosiv arbeitende Faszien-Verkettungen.
  4. Sensory Refinement: Fühlen und Wahrnehmen des Körpers zur Verbesserung der Propriozeption. Bewegungspaletten von schnell, dynamisch, sprunghaft bis hin zu langsam, fein, lautlos, fließend. Wechsel von Geschwindigkeit, Dynamik und Gewicht.

(vgl.: Müller, D & Schleip, R.:Faszientraining. Theorie und Praxis zum Aufbau eines geschmeidig-kraftvollen Bindegewebes, 2012)

Wie können die Inhalte in Studios integriert werden?

Unter folgenden Internetadressen werden umfassende Fortbildungen angeboten, um einige wenige zu nennen:

  • Fascial-fitness.de
  • Faszientherapie.de
  • Guyvoyer.com
  • Physioweb.de
  • Anatomytrains.com

Unter folgenden Adressen werden Workshops in unterschiedlicher Themenausrichtung angeboten:

  • liebscher-bracht.com
  • vogt-info.com/Seminare
  • euro-education.com
  • ifaa.de
  • gluckerkolleg.de
  • perform-better.de
  • meridian-academy.de
  • dfav.de

Das Thema kann im Group-Fitnessbereich als halb- oder ganzstündiger „Faszien-Kurs“ integriert werden. Hierbei können alle vier Trainingsinhalte nach Schleip angewandt werden. Auch können Schnittstellen zu Pilates, Yoga und Rückentraining gefunden werden. Bekanntes mit Unbekanntem zu verknüpfen, baut bei den Teilnehmern bekanntlich Berührungsängste ab.
Aber auch auf der Trainingsfläche können viertelstündige Kleingruppenkurse zum Thema „self myofascial release“ idealerweise zu Stoßzeiten von einem Trainer angeleitet werden. Hierfür werden Kleinmaterialien wie Matten, Hartschaumrollen sowie Tennis-, Lacrosse- und Hartschaumbälle benötigt. Eine angrenzende Wand zum Ausrollen mit dem Ball bei schmerzempfindlichen Stellen, wie z.B. dem Nacken und Schultergürtel, ist sinnvoll.
Diese Kurzeinheiten in Kleingruppen erweitern die Selbstkompetenz der Kunden und fördern somit die Zufriedenheit. Diese Kleingruppen können zielgruppenspezifische und saisonal ausgerichtet sein: Läufer und Radfahrer, z. B. in der Sommersaison, für Skifahrer in den Wintermonaten. Auch könnte man kleine Vorträge mit anschließender Schnupperstunde als Monatsspecial anbieten oder hausinternen Info-Broschüren zum Thema konzipieren und Literatur zur Verfügung stellen.
Je mehr der Kunde über seinen Körper lernt, desto eher sind seine Trainingserfolge sicht- und messbar. Oftmals jedoch ist ein proaktives Bewerben der neu integrierten Angebote besser als jeder Aushang an der Infowand. Der Erfolg, also wie gut das Thema „Faszien“ transportiert und aufgenommen wird, liegt ganz klar beim Trainer- und Kursleiter-Team. Die Verantwortung auf Seiten der Studioleitung ist es, den Trainerstab zu motivieren und sich, im günstigsten Fall, an den Fortbildungskosten zu beteiligen. Es bestehen immer auch Möglichkeiten einer Inhouse-Schulung um bestmöglichste Dynamiken im Team zu entwickeln.

Wie kann man mit Faszien Geld verdienen?

Inwieweit sich mit Faszien-Training Geld verdienen lässt, ist pauschal nicht zu benennen. Für viele Therapeuten kann der Faszien-Hype ein unerwarteter Segen bedeuten. Der Kundenstamm wächst, zumal ihre Arbeit mit dem Bindegewebe einmal mehr in den Fokus geraten ist. Vielleicht können Studios ihre Kompetenzen durch verstärkte Zusammenarbeit mit Therapeuten erweitern und den Kundenstamm durch Leistungssteigerung, Verletzungsrückgang und ein verbessertes Körperempfinden zufrieden stellen. Allemal können Studios Neukunden gewinnen, sich von Mitbewerbern abgrenzen und an Image gewinnen, weil sie stets auf dem neuesten Stand der Wissenschaft arbeiten.
Viel wichtiger ist jedoch der qualitative Zugewinn für die Trainingsgestaltung und die Gesundheit eines jeden Individuums.  

Katja Dobat

 


DFAV-Ausbildung S-Lizenz Functional Training

Ausbildungsort ist Köln  

  1. Seminar: 08. – 09. November 2014
  2. Seminar: 10. – 11. Januar 2015
  3. Seminar: 07. – 08. Februar 2015
  • Prüfung: 28. Februar 2015

Ausführliche Infos bekommen Sie unter www.dfav.de

Quelle: F&G


Bildquelle: #212566155 Iryna / Adobe Stock

 

 

Veröffentlicht am: 6. August 2014

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