Cardio-Fitness - Ein Plädoyer aus gesundheitlicher Sicht

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Was bedeutet Cardio-Fitness überhaupt? Wie kann sie bestimmt werden? Welches Training eignet sich für eine gute Cardio-Fitness? Prof. Dr. Theodor Stemper hat sich für F&G intensiv mit dem Thema befasst.

Seit Jahrzehnten ist die Bedeutung einer guten Cardio-Fitness für die umfassende Herz-Kreislauf-Gesundheit und auch die Lebenserwartung unumstritten (Blair et al., 1996). Wenngleich sich diese Erkenntnis nun allmählich in breiten Bevölkerungskreisen auch tatsächlich bemerkbar macht – was sich z.B. in den USA im neuen Jahrtausend am Rückgang der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Probleme (Herzinfarkt, Schlaganfall etc.) und in Deutschland durch aktuell leicht verbessertes Aktivitätsverhalten ausdrückt (vgl. Ergebnisse von DEGS1 in Krug et al., 2013) – gibt es nach wie vor noch großen Handlungs- und Verständigungsbedarf (vgl. u. a. Wang, 2010). Auch zum Verständnis darüber, was denn Cardio-Fitness überhaupt bedeutet und wie sie bestimmt werden kann.

Cardio-Wirkungsziele
Erst kürzlich hat eine Gruppe von Wissenschaftlern für die American Heart Association (AHA) als neue Wirkungsziele für die USA für das Jahr 2020 (U.S. „Impact Goals“ for cardiovascular health and disease reduction) Folgendes formuliert (Lloyd-Jones et al. 2010): „2020 ist die Herz-Kreislauf-Gesundheit aller Amerikaner um 20 % verbessert und die Todesrate durch Herzkrankheiten und Schlaganfall um 20 % reduziert.”
Wie aber lässt sich dieses Ziel operationalisieren? Was zeichnet eine gute, besser noch eine ideale Herz-Kreislauf-Gesundheit aus und welche Rolle spielt dabei die Cardio-Fitness oder ggf. auch die körperliche Aktivität?

Relevanz körperlicher Aktivität
Neben dem Ernährungsverhalten ist vor allem die ausreichende körperliche Aktivität entscheidend. Das umfangreiche Gutachten stellt klar, dass Herz-Kreislauf-Gesundheit in eindeutiger Weise von Umfang und Intensität der körperlichen Aktivität abhängt.
Zu dieser Expertise der AHA passt sehr gut, dass die daraus resultierende – oder auch schon genetisch vorgeprägte – Cardio-Fitness inzwischen als unabhängiger Schutzfaktor neben der körperlichen Aktivität verstanden wird.
Wie in einer Überblicksarbeit von Lee et al. (2010) aufgezeigt wird, ist eine schlechte Cardio-Fitness (‚low cardiorespiratory fitness’; CRF) ein starker Prädiktor für Herz-Kreislauf-Krankheiten (‚cardiovascular disease’; CVD) und für zahlreiche andere Ursachen früher Sterblichkeit. Eine schlechte Cardio-Fitness ist demnach ein ähnlich hoher Risikofaktor wie die bereits seit Jahren bekannten Risikofaktoren Rauchen, abdominelles Übergewicht („Bauchfett“), Bluthochdruck und Diabetes.

Verhaltens- und Gesundheitsfaktoren
Die Arbeitsgruppe der AHA hat vier gesundheitliche Verhaltensweisen (‚health behaviors’) und drei Gesundheitsfaktoren (‚health factors’) benannt, und zwar:
4 Verhaltensbedingte Faktoren
- Rauchabstinenz
- BMI (body mass index) < 25 kg/m²
- Körperliche Aktivität
(150 Minuten pro Woche moderate oder 75 Minuten anstrengende Aktivität oder Kombination aus beiden)
- Herz-Kreislauf-Gesundheit fördernde Ernährung
(Betonung von niedriger glykämischer Last; faserreicher Nahrung; hoher Anteil an Omega-3-Fettsäuren aus Meeresfrüchten; hoher Anteil mehrfach ungesättigter zu gesättigten Fettsäuren; geringer Gehalt an Transfetten)
3 Gesundheits-Faktoren
- Gesamtcholsterin < 200 Milligramm pro Deciliter (mg/dL)
- Blutzucker (nüchtern) < 100 mg/dL
- Blutdruck < 120/80 mm Hg.

Defintion von Cardio-Fitness
Den Autoren Lee et al. (2010) zufolge ist Cardio-Fitness nichts anderes, als die Fähigkeit von Atmung, Kreislauf und Muskulatur, Sauerstoff aufzunehmen, zu verteilen und zu verbrauchen – was in den genannten Systemen nach dem Bedarf in den Muskelzellen in Abhängigkeit von der Höhe der körperlichen Belastung passiert. Als Bruttokriterium für Cardio-Fitness (CRF) kann die Sauerstoffaufnahme in Milliliter Sauerstoff pro Kilogramm pro Minute (ml O2/kg/min) bestimmt werden, die über längere Zeit zu leisten ist. Ein davon abhängiger Wert ist MET, das den Ruheumsatz eines Menschen bezeichnet und i.d.R. mit 3,5 ml O2/kg/min beziffert wird, was absolut z.B. für eine Person von ­70 kg einen Wert von 3,5 x 70 = 245 ml O2 pro Minute ergibt.
Wenn eine Person dann z.B. in der Lage ist, das ­8-fache des Ruheumsatzes zu leisten (entspricht Joggen), dann beträgt die O2-Aufnahme das 8-fache des Ruhewertes, also 3,5 x 8 = 28 ml O2 /kg/min. Wichtig zu wissen, dass bei allen Normwerten Frauen i.d.R. einen um 2 METs niedrigeren Wert erzielen, was v.a. durch relativ geringere Werte an Muskelmasse, Blut- und Schlagvolumen zu erklären ist.

Einfluss auf Sterblichkeitsrate
In dem besagten Artikel von Lee et al. (2010) werden Studienergebnisse zusammengefasst, die in überzeugender Weise den Zusammenhang zwischen dem Ausprägungsgrad der Cardio-Fitness und Herz-Kreislauf bedingter Erkrankung und Sterblichkeit darstellen. So berichten die Autoren von Ergebnissen aus dem bekannten Aerobics Center in Dallas, wo die am wenigsten Fitten mit den Fittesten verglichen wurden. Daraus ergab sich bei Männern und Frauen im Hinblick auf die Gesamtsterblichkeit eine Risikominderung von 43 % bzw. 53 % und bei der Herz-Kreislauf-Sterblichkeit sogar von 47 % bzw. 70 %.

Survival of the Fittest?
Besonders beeindruckend sind auch die Zahlen der Publikation von Kodama et al. (2009) (sog. original Meta-Analyse, also Auswertung der Ergebnisse anderer Arbeiten). Kodama et al. haben Studien zum Einfluss von Cardio-Fitness auf Herz-Kreislauf bedingte Er­krankungen und die Sterblichkeit auf der Ba­sis von 33 großen Studien/Untersuchungen analysiert. Sie kommen zum Ergebnis, dass jede Steigerung der Cardio-Fitness um 1-MET (MET = metabolische Einheit für den Grundumsatz) das Risiko für Todesfälle und Erkrankungen um 13 % bzw. 15 % senkt. Ein ähnlicher Wert (12 %) wurde schon 2002 von Myers et al. veröffentlicht und mit dem plakativen Slogan „Survival of the Fittest?“ kommentiert.
Spätestens seit diesen umfangreichen Datenanalysen gilt nunmehr als unbestritten, dass eine niedrige Cardio-Fitness einen starken Risikofaktor für die Herz-Kreislauf-Gesundheit darstellt, eine hohe dagegen einen Schutzfaktor – und dass dieser Befund auch bestehen bleibt bei unterschiedlichem Alter, Geschlecht, BMI (!) und sogar Rauchverhalten (!).
Stellt sich nun die Frage, ob dieser Zusammenhang von Cardio-Fitness zu Gesundheit/Krankheit/Tod gottgegeben ist, oder ob nicht vielleicht durch trainingsbedingte Veränderung der Cardio-Fitness Einfluss auf das Erkrankungs- und Todesrisiko genommen werden kann. Eine interessante Frage, vor allem für die Fitness-Branche.

Cardio-Fitness gegen Gesundheitsrisiken
Aufgrund aller bisher vorliegenden Daten kann mit Recht behauptet werden, dass mit einer Verbesserung der Cardio-Fitness eine Verringerung des Erkrankungs- und Sterblichkeitsrisikos einhergeht. Bessere Cardio-Fitness bedeutet gesünderes Leben. So belegen Lee et al. (2010) durch Rückgriff auf Forschungsarbeiten, dass Personen, die ihre Cardio-Fitness trainingsbedingt von niedrigen Stufen auf mittlere oder sogar höhere Leistungsstufen verbesserten, deutlich verringerte Gesundheitsrisiken hatten, sowohl im Herz-Kreislauf-Bereich als auch in anderen Bereichen. Bereits leichte Verbesserungen, so schon Erikssen et al. (1998), führen zu signifikanten Risikoreduktionen – ein Befund der vor allem Untrainierte ermuntern sollte. Erikssen et al. (1998) belegen das mit einer Studie an 2.014 gesunden Männern (anfangs 40–60 Jahre), die sie über 22 Jahre beobachteten. Vor allem die Verbesserung der Cardio-Fitness in den ersten sieben Jahren erklärten die signifikanten Verringerungen des Gesundheitsrisikos.

Eindeutige Gesundheits-Benefits
Nach Lee et al. (2010) sind es verschiedene Mechanismen, die erklären können, warum Cardio-Fitness zur Risikominderung führt.
Eine der wichtigsten Anpassungen an regelmäßiges Training und guter Cardio-Fitness ist die Verringerung der Insulin-Resistenz, bei der die Körperzellen nicht mehr auf Insulin reagieren und die Glucose aus dem Blut aufnehmen. Cardio-Training verbessert dagegen die Insulin-Sensitivität (wieder), so dass Muskelzellen Glucose aufnehmen können, was der Entstehung eines Diabetes Typ 2 vorbeugen kann.
Zweitens wird durch eine gute Cardio-Fitness das Risiko für alle Faktoren des sog. Metabolischen Syndroms verringert, nämlich hoher Bauchumfang, Fettstoffwechselstörung (erhöhte Triglyzeride, erhöhtes Cholesterin), hoher Blutdruck, erhöhter Blutzucker(-glucose).
Und nicht zuletzt er­höht die Qualität der Cardio-Fitness auch die Herzfunktion selbst. Bessere autonome nervale Versorgung, bessere Durch­blutung durch Senkung des Ruhepulses, Stärkung der Kontraktionskraft des Herzmuskels sind nur ei­nige der kardialen, auf das Herz bezogenen An­passungen.
Alles in allem korreliert die Cardio-Fitness in ausgezeichneter Weise mit einer Fülle wichtiger, gesundheitlich wünschenswerter Körperfunktionen, so dass deren regelmäßige Prüfung durch Cardio-Tests und deren Berücksichtigung bei gesundheitsorientierten Trainingsprogrammen im Fitness-Studio unabdingbar ist. Cardio-Fitness ist somit ein absolutes „must“ im Gesundheitstraining.

Welches Training wird empfohlen?
Standardmäßig wird z.B. vom bekannten American College of Sports Medicine (ACSM) für deutliche Verbesserungen der Cardio-Fitness Folgendes empfohlen (nach Ausschluss von gesundheitlichen Risikofaktoren):
- Trainingshäufigkeit: 3–5 Tage pro Woche
- Trainingsintensität: 64 %–94 % der maximalen Herzfrequenz (z. B. Thompson, 2009).
- Belastungsdauer: 20 (Anfänger) bis 60 (Trainierte) Minuten Dauer- oder extensives Intervalltraining (zum Thema Dauertraining vs. HIIT mehr in eine der nächsten Ausgaben von F&G).
- Periodisierung durch progressive Steigerung von Intensität und/oder Dauer für die Entwicklung (noch) höherer Cardio-Fitness und gelegentliche Wechsel und Reduktionen der Trainingsbelastungen sind von Vorteil.
Prof. Dr. Theodor Stemper

Literatur
Blair, S.N., Kampert, J.B., Kohl, H.W. III, et al. (1996). Influences of cardiorespiratory fitness and other precursors on cardiovascular disease and all-cause mortality in men and women. JAMA, 276 (3), 205-210
Erikssen, G., et al. (1998). Changes in physical fitness and changes in mortality. The Lancet, 352, 759–62.
Lee, D., et al. (2010). Mortality trends in the general population: The importance of cardiorespiratory fitness. Journal of Psychopharmacology, 24 (11), 27–35.
Lloyd-Jones, D.M., et al. (2010). Defining and setting national goals for cardiovascular health promotion and disease reduction: The American Heart Association’s strategic Impact Goal through 2020 and beyond. Circulation, 121, 586-613. http://circ.ahajournals.org/content/121/4/586.full
Kodama, S., et al. (2009). Cardiorespiratory fitness as a quantitative predictor of all-cause mortality and cardiovascular events in healthy men and women; a meta-analysis. Journal of the American Medical Association, 301 (19), 2024–35.
Krug ,S.,• Jordan, S., Mensink, G.B.M., Müters, S., Finger, J.D. & Lampert, • T. (2013). Körperliche Aktivität. Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsbl (56), 765–771. DOI 10.1007/s00103-012-1661-6.
Myers, J., Prakash, M., Froelicher, V., Do, D., Partington, S. & Atwood, JE (2002). Exercise capacity and mortality among men referred for exercise testing. N Engl J Med 346, 793–801.
Thompson, W.R. (Sen.Ed.) (2009). ACSM’s Guidelines for Exercise Testing and Prescription (8th ed.). Philadelphia: Lippincott Williams & Wilkins.
Wang, C-Y., et al. (2010). Cardiorespiratory fitness levels among US adults 20-49 years of age: Findings from the 1999-2004 National Health and Nutrition Examination Survey. American Journal of Epidemiology, 171 (4), 426–35.

Quelle: F&G

Veröffentlicht am: 8. September 2014

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