Volle Steuer fürs Schwitzen

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Finanzämter (!) sprechen Saunen den Heilzweck ab – Erlass tritt am 1. Juli 2015 in Kraft

In Deutschland staunt man nicht schlecht, welche Entscheidungen von den Finanz­ministerien in Bund und ­Ländern getroffen werden. So erfährt jetzt das Saunieren eine Umdeutung – zumindest steuerrechtlich. Galt das Schwitzen in der Sauna bisher noch als Gesundheitsmaßnahme bzw. -prävention, wird dieses ab Juli 2015 zum Wellness-Vergnügen. Das bedeutet für Sauna-Betreiber hierzulande, dass sie künftig den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zahlen müssen. Aber wie?

Die Finanzbeamten wissen angeblich genau, dass Solarien gesundheitsschädlich sind und Saunakuren dem Vergnügen statt der Gesundheit dienen. Ganz zu schweigen davon, das vieler Fachleute und -ärzte hierzu gegensätzliche Ansichten vertreten: Seit wann und warum entscheiden in Deutschland die Finanzbehörden, was ein Heilmittel ist und was nicht?

Deutsche Bäder sind in Not
„Etwa 50 Prozent der öffentlichen Saunabäder in Deutschland könnten durch die Anhebung des Steuersatzes von bisher sieben Prozent auf 19 Prozent in Existenznot geraten“, erklärt Dr. Christian Ochsenbauer, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V. (DGfdB).


Man braucht sich nur mal in den Schwimmbädern umsehen, wie marode diese vielerorts sind. Oft sind die Öffnungszeiten aus Betriebs- und Heizkostengründen so stark eingeschränkt, dass Besuchern teilweise nur sehr begrenzte Nutzungschancen bleiben. Gibt es hier wirklich Spielraum für 12 % mehr Umsatzsteuer? Wie viele der Kunden, die Erholung suchen und aktiv etwas für ihre Gesundheit tun wollen, sind bereit, diese Mehrkosten mit deutlich höheren Eintrittspreisen zu tragen?
Öffentliche Bäder und Saunen erhalten immerhin noch Unterstützung von Städten. Privat-wirtschaftliche Thermen-, Bäder- und Sauna-Betriebe sowie natürlich auch Fitnessstudios haben diesen finanziellen Spielraum nicht. Sie können die Mehrkosten nur auf ihre Kunden umlegen und an anderer Stelle sparen, ggf. sogar Mitarbeiter entlassen!
Die Branchenverbände fürchten Millionenschäden und kämpfen derzeit gegen die von Bund und Ländern geplante Steuererhöhung. Mithilfe von Unterschriften-Aktionen wollen sie eine Überarbeitung des Umsatzsteuergesetzes erreichen.

Umsatzsteuergesetz & Heilmittel-Richtlinien
Der Hintergrund ist der: Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UstG ermäßigt sich die Steuer für Heilbäder, die dem Schutz der Gesundheit bzw. der Behandlung einer Krankheit dienen. Bisher musste der genaue Heilzweck nicht nachgewiesen werden, ebenso war keine ärztliche Verordnung erforderlich. Dies wird sich im kommenden Sommer entscheidend ändern. Dann werden die sog. Heilmittel-Richtlinien (HeilM-RL) in der jeweils geltenden Fassung, die der Gemeinsame Bundesausschuss über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung herausgibt, maßgeblich regeln, ob eine Heilbäder-Maßnahme mit vergünstigten sieben Prozent besteuert werden darf.
Es ist allerdings für den ermäßigten Steuersatz auch weiterhin nicht erforderlich, dass eine ärztliche Verordnung tatsächlich vorliegt. Entscheidend ist zukünftig also, dass die Verabreichung des Heilbades nach dieser Richtlinie als Heilmittel verordnungsfähig ist.
Das klingt für Sie widersprüchlich? Für uns auch. Versuchen wir also Licht in das Verodnungs-Dickicht zu bringen.

Was ist verordnungsfähig?
Heilbäder-Besuche, die „grundsätzlich verschreibungsfähig“ sind, sollen nämlich auch weiterhin mit sieben Prozent steuerbegünstigt sein.
Durcheinander, Streit und Gesetzeslücken sind vorprogrammiert. Liest man hierzu die Aufzählung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), so werden leider alle Klarheiten vollends beseitigt. Lauf BMF gelten folgende Einrichtungen bzw. Maßnahmen bald als nicht mehr verordnungsfähig:

  1. Maßnahmen, deren therapeutischer Nutzen nach Maßgabe der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (VerfO) nicht nachgewiesen ist, z. B. Höhlen-/Speläotherapie, nicht-invasive Magnetfeldtherapie, Fußreflexzonenmassage, Akupunktmassage und Atlas-Therapie nach Arlen;
  2. Maßnahmen, die der persönlichen ­
  3. Lebensführung zuzuordnen sind, z.B.:
    • Ganzkörper-Massagen, Massagen mit­tels Geräten, Unterwasser-Massagen mit­tels automatischer Düsen, sofern es sich nicht um Heilmassagen handelt
    • Teil- und Wannenbäder, soweit sie nicht nach den Vorgaben des Heilmittelkataloges verordnungsfähig sind
    • Sauna, römisch-irische und russisch-römische Bäder
    • Schwimmen und Baden, auch in Thermal- und Warmwasserbädern – hier kommt allerdings eine Ermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 Alternative 1 UStG in Betracht;
    • Maßnahmen, die der Veränderung der Körperform (z.B. Bodybuilding) oder dem Fitness-Training dienen
  4. Keine Heilbäder sind außerdem z.B. sogenannte Floating-Bäder, Heubäder, Schokobäder, Kleoatrabäder, Aromabäder, Meerwasserbäder, Lichtbehand­lungen, Garshan und Reiki.

Quelle: www.bundesfinanzministerium.de

Können Sie nach der Lektüre dieses Abschnittes der „Änderung des Abschnitts 12.11 Umsatzsteuer-Anwendungserlass“, der für die Zuweisung des Mehrwertsteuersatzes maßgeblich ist, durchschauen, welche Maßstäbe das BMF wo ansetzt?
Wir leider auch nicht. Spätesten hier steigt doch der gesunde Menschenverstand aus. Einerseits geht es bei der Aufzählung des Finanzministeriums explizit um nicht-verschreibungsfähige Behandlungsmethoden und dann werden andererseits doch wieder abstruse Ausnahmen aufgezählt. Auf der einen Seite ist die Abhandlung penibel, auf der anderen Seite vergessen die Ak­teure aber das Wesentliche.

Schwitzen ist gesund
Aktive Gesundheitsförderung und Erholung – darum geht es schließlich beim Saunieren. Dass sich der regelmäßige Saunagang positiv auf das Immunsystem, das Herz und den Kreislauf sowie das allgemeine Wohlbefinden und die Haut auswirkt, ist unumstritten.
„Es gibt viele Gründe, einen Ausgleich zur häufig hektischen und ungesunden Lebensweise zu suchen. Bäder, Saunen und Spas sind weit mehr als nackte Zahlen vor dem Hintergrund der Kosten- und Energieeffizienz. Sie spielen eine große Rolle für die körperliche und seelische Gesundheit viele“, findet Ulrich Kormer als Geschäftsführer der Messe Stuttgart Gastgeber der interbad.
Irreführend erscheint auch, dass jeglichen Saunaformen allgemeinhin ein Heilungscharakter abgesprochen wird. Bei Bädern wird aber nochmal unterschieden zwischen römisch-irisch und russisch-römisch oder aber Heu- und Schokobad. Da muss man schon sehr genau lesen – und hat am Ende trotzdem noch nicht den Sinn und Zweck dieses Erlasses verstanden.

Tina Klostermeier

 

Quelle: F&G

Veröffentlicht am: 23. Februar 2015

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